Grußwort zu #EXIT20 von Gerhart Baum

20 Jahre Exit-Deutschland sind eine Erfolgsgeschichte. Aber auch ein mühevoller steiniger Weg. Jetzt erst werden zwei Einsichten in unserer Gesellschaft stärker:

1) Der Rechtsextremismus ist zurzeit die größte Gefährdung der Freiheit.
2) Prävention ist so wichtig wie Repression.

Der Schlüssel für eine Befriedung der Gesellschaft ist Deradikalisierung. Dazu muss man sich zunächst mit dem Zustand unserer Gesellschaft auseinandersetzen: wir leben in einer durch Globalisierung und Digitalisierung geprägten Zeitenwende. Menschen, die dank der Entwicklung der Aufklärung zur individuellen Integrität gefunden hatten, wollen diese wieder aufgeben. Es ist viel Angst unterwegs. Sie ist der hinterhältigste Dämon einer freien Gesellschaft. Viele Menschen leben mit einem Gefühl der Unsicherheit. Sie trauen der Politik nicht mehr zu, Probleme zu lösen und werden zu Opfern von Verschwörungstheorien. Die Demokratie entleert sich. Die Werte unseres Grundgesetzes werden in Frage gestellt. Eine Sehnsucht nach heimatlicher Idylle greift um sich, statt die gebotene Weltoffenheit zu akzeptieren.

Dieser Angst vor Veränderungen müssen die demokratischen Politiker Orientierung entgegensetzen. Sie müssen zweifelnden Menschen die Einsicht vermitteln, dass die Deutschen nie zuvor in so einer freiheitlichen Gesellschaft mit einer so überzeugenden Verfassung, in einem freien Europa und in Wohlstand gelebt haben. Denjenigen, die innerlich ausgewandert scheinen, muss nicht durch Anpassung, sondern mit eindeutigen Wertvorstellungen begegnet werden. Wer die Rechtsextremisten unterstützt und sie wählt, weiß was er tut, oder er müsste das wissen. Wir sind, was Rechtsextremismus angeht, kein „normales“ Land, wir sind das Land des Holocaust, wir sind verantwortlich für einen verbrecherischen Angriffskrieg, der ca. 50 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Und es war für die Deutschen über die Zeiten ein langer schwieriger Weg bis zur Demokratie.
Im Osten, der früheren DDR, hat der „Antifaschismus“ keine wirkliche Umkehr bewirkt, eine selbstkritische Aufarbeitung der Nazivergangenheit ist ausgeblieben. Und es gab Rechtsextremismus, wie das Dr. Wagner ja untersucht hat.

In diesem gesellschaftlichen Umfeld ist Exit tätig und bedarf jeglicher Unterstützung bei dem Bemühen, Menschen für die Demokratie zu gewinnen und vor allem zurückzugewinnen. Da gibt es keine so spektakulären Erfolge wie bei Fahndungserfolgen. Eine verhinderte Tat ist nicht so spektakulär wie eine begangene oder geplante Tat.

Lassen Sie sich nicht entmutigen. Sie können nach 20 Jahren stolz sein auf das, was sie bewirkt haben und auch über die zunehmende gesellschaftliche Anerkennung. Bei Ihren Aktivitäten müssen Sie vor allem Planungssicherheit haben. Wie lange hat das gedauert, bis das langsam begriffen wurde, auch, was es bedeutet, mehr als 750 Menschen geholfen zu haben, mit dem Rechtsextremismus zu brechen.

Exit wird heute mehr gebraucht als je zuvor. Sie haben meine volle Unterstützung! Gerne bin ich EXIT-Botschafter. Also auf diesem Wege meinen herzlichen Glückwunsch!