9. Januar 2022

Ausstieg Rechts

Neun Jahre lang war Felix Benneckenstein aktiver und gewalttätiger Neonazi. Er ist in einer ziemlich „normalen“ Familie aufgewachsen: „weltoffen, linksliberal“. Als Jugendlicher begann er zu rebellieren. Gegen die Gesellschaft, die „Heile-Welt-Kulisse“ in der Heimatstadt Erding, die Polizei. Bei den Neonazis fühlte er sich „am besten aufgehoben“.

Terror, Bürgerkrieg: „normale Sachen“

Was Felix in den neun Jahren in der Szene erlebt hat, hat ihn stark geprägt. Er erinnert sich zum Beispiel, dass er vor seiner „Anwerbung“ keine rassistischen Gedanken hatte. Seine Familie und sein Freundeskreis waren „multikulti“, wie er sagt. Je länger er in der Szene war, desto mehr hat sich sein Rechtsempfinden verschoben. Er sah sich selbst und seine „Kamerad:innen“ als Freiheitskämpfer:innen. Ein Hakenkreuz an eine Wand zu schmieren, Terrorismus, Bürgerkrieg: Das waren für ihn am Ende „normale Sachen, die irgendwann passieren müssen“.

Zuerst war Felix Handlanger. Später dann organisierte er Demos und Aufmärsche. Er baute nördlich von München einen NPD-Kreisverband auf, leugnete den Holocaust, schüchterte Leute ein und hetzte als rechter Liedermacher. In Dortmund war er bei militanten Neonazis, die auch Morde begingen. Es dauerte eine ganze Weile, bis Felix mit seinem Gewissen so richtig in Konflikt kam. Letztlich führten seine Zweifel an der Rechtfertigung für einen Mord an einem Punk zu seinem Ausstieg.

Aussteigen braucht Mut und Entschlossenheit

Felix Benneckenstein ist einer der wenigen, die den Ausstieg geschafft haben. Nach einer Schlägerei kam er ins Gefängnis. Und dort verlor er das Feindbild vom faschistischen, kriminellen Staat. Denn er wurde fair und menschlich behandelt. Felix zweifelte zunehmend an seiner Nazi-Ideologie und entschloss sich, nicht mehr länger in der Szene zu bleiben.

Der Ausstieg allerdings war deutlich schwerer als der Einstieg. Felix gelang er gemeinsam mit seiner Partnerin. Bewusst wählten sie einen öffentlichen Ausstieg. Der Vorteil gegenüber einem „stillen“ Ausstieg: Die Behörden wissen Bescheid und treffen Schutzmaßnahmen. Heute sagt er, mit der Hilfe der Organisation EXIT-Deutschland gleich von Beginn an wäre der Ausstieg viel leichter gewesen.

EXIT ist eine Organisation, die seit 20 Jahren Mitgliedern der rechtsextremen Szene hilft, auszusteigen: Unterstützung gibt es in rechtlichen und praktischen Angelegenheiten. Fabian Wichmann arbeitet für EXIT – weil er ein Zeichen setzen will gegen Rechtsradikalismus. Seiner Meinung nach geraten die Opfer manchmal in den Hintergrund.

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