20 Jahre Zentrum Demokratische Kultur
Vor nunmehr 20 Jahren wurde das Zentrum Demokratische Kultur in Berlin gegründet.
Die Gründung erfolgte mit dem Ziel, die Grundrechte und Grundfreiheiten als Kern demokratischer Kultur allseitig zu verteidigen und als freie sowie kompetente Organisation extremistischen Bestrebungen entgegenzutreten.
Wir können auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Wichtige Arbeitslinien und Projekte wurden etabliert: EXIT, HAYAT und DNE als Arbeitskerne, eine Zeitschrift, Homepages, Publikationen und anderes mehr ankieren und wirken vielfältig. Vielen Menschen konnte geholfen werden, extremistische Bewegungen zu verlassen.
Doch: Demokratische Kultur ist vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen wichtiger denn je. Angesichts verstärkter extremistischer Aktivitäten und sichtbarem Grundwertenihilismus gilt es mehr denn je, die Grundwerte und -freiheiten als zu bewahrende und gestaltende lebendige Größen gegen die alten und neuen Angriffe gezielt zu sichern.
Im Rahmen der Feierlichkeit möchten wir an diesem bedeutenden Tag über die aktuellen Ergebnisse der Initiative #HassHilft berichten und sehr verdienstvollen Menschen mit der Ernennung zum EXIT-Botschafter danken.
EXIT Botschafter 2017
Aktives bürgerschaftliches Engagement ist in seiner Bedeutung für die Stabilität einer demokratischen Kultur kaum zu überschätzen. Das Eintreten für Freiheit und Würde von Menschen und damit gegen demokratie- und freiheitsfeindliche sowie menschenverachtende Ideologien im Alltag erfordert Mut – Mut, Gesicht zu zeigen, sich einzumischen, beharrlich Fragen zu stellen und sich dem öffentlichen Diskurs, der Kritik und manchmal auch Bedrohung zu stellen. EXIT-Deutschland konnte seit nunmehr 17 Jahren 650 Ausstiege aus der rechtsextremen Szene erfolgreich begleiten, Impulse für die Wissenschaft setzen und präventive Bildungsarbeit leisten. Die Arbeit wurde ermöglicht dank vielfältiger Unterstützung unterschiedlicher Partner in der Öffentlichkeit und hinter den Kulissen.
Für ihren Mut möchten wir uns bei Partnern und Unterstützern von EXIT-Deutschland sehr herzlich bedanken und mit einer Auszeichnung würdigen. Der „EXIT-Botschafter“ versteht sich als Würdigung des Engagements des Einzelnen und zugleich als Repräsentant der Idee von EXIT-Deutschland. Der Preis wird zu besonderen Anlässen verliehen.
Gerhart Baum
Bei einem Mann wie Gerhart Baum weiß man nicht wo man anfangen soll, um seine Verdienste für die Gesellschaft auch nur annähernd zu beschreiben, seine Ämter aufzuzählen und seine Leitungen abzubilden. Es wäre eine lange Liste und dennoch würde sie ihm nicht gerecht werden. Wir versuchen es dennoch: Gerhart Baum, Bundesminister von 1972 bis 1994 und Mitglied des Deutschen Bundestags, ist Rechtsanwalt, Publizist, Bürger- und Menschenrechtler. Gerhart Baum war für die UNO tätig und befasste sich als Bundestagsabgeordneter mit Bürgerrechten, Umweltschutz und Kulturpolitik. Heute ist in verschiedenen Menschenrechtsorganisationen tätig.
Eine vergleichsweise kleine Auszeichnung kommt nun hinzu: Gerhard Baum wird EXIT- Deutschland Botschafter 2017. Damit danken wir ihm für die vielen Jahre, in denen er in besonderem Maße mit der Initiative EXIT-Deutschland verbunden ist und die Arbeit in besonderer Weise begleitet und unterstützt.
Immer war Gerhart Baum mit den Fragen des Extremismus als Angriff auf die Grundwerte und die demokratische Kultur befasst, als Bundesinnenminister ebenso wie auch heute, in einer Zeit neuer und anwachsender Bedrohung durch verschiedene extremistische Kräfte. Dabei suchte er nie die Lösung im Exzess oder im Ausnahmezustand, sondern war stetig ein Mann der Besonnenheit und Angemessenheit, zugleich der Konsequenz und der Vermittlung da, wo dies möglich erschien. Diese differenzierende und auf den inneren Frieden der Demokratie gerichtete Haltung, ohne Duldung von ideologischem Hass und Gewalt, ist für alle Mitstreitenden von EXIT-Deutschland ein Vorbild. Einem ehemaligen Feind die Hand reichen zu können, ihn in die Gestaltung der Demokratie mitzunehmen und dies nicht nur, wenn es die taktische Lage erfordert. Darin unterscheidet sich Gerhart Baum von vielen ehemaligen und gegenwärtigen Politikerinnen und Politikern.
Steffen Schroeder
Steffen Schroeder war nach seiner Schauspielausbildung zunächst Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater, dann beim Berliner Ensemble. Er wirkte in Fernsehserien wie «Der Kriminalist», «Bella Block» und «Tatort» sowie in Kinofilmen wie «Der Rote Baron» oder «Keinohrhasen» mit. In der erfolgreichen ZDF-Serie «SOKO Leipzig» spielt er seit 2012 den Polizeioberkommissar Tom Kowalski.
In seinem jüngst erschienenen Buch „Was alles in einem Menschen sein kann“ verarbeitet er die Erfahrungen mit Micha. Micha ist ein verurteilter Mörder in der JVA Berlin-Tegel und wird seit 2011 von Exit-Deutschland betreut. 2013 wurde Steffen sein Vollzugshelfer. Steffen lernt nicht nur Micha, sondern auch den Gefängnisalltag kennen, erfährt von Rangordnungen, Drogen und Ausbruchs- versuchen. Für Micha wurde Steffen Schroeder immer wichtiger, er begleitet ihn bei Freigängen, ist ihm Auge und Ohr für die Welt.
Sein Interesse am Menschen und sein Engagement für Menschen, die schwere und nicht entschuldbare Fehler gemacht haben, zeichnen Steffen Schroeder im besonderen Maße aus. Er versucht zu verstehen ohne zu entschuldigen, versucht zu erfahren, wie der einzelne Mensch seine Chance auf eine Veränderung des Lebens zum Besseren erkennen und umsetzen kann. Und er weiß um Vielfalt der Widersprüche. Das macht ihn zu einem Botschafter, der die Arbeit von EXIT nicht nur kennt, sondern sie umsetzt.